Comacchios neuestes archäologisches Glanzstück
Ein Museum zur Geschichte des jahrtausendealten Podeltas ist seit Kurzem der ganze Stolz der adriatischen Kleinstadt
Seit dem 25. März 2017 ist das malerische Adriastädtchen Comacchio in der italienischen Region Emilia-Romagna um eine bedeutende Attraktion reicher: Nach rund 30-jähriger Planungszeit hat das brandneue Museo Delta Antico in der Via Agatopisto seine Pforten geöffnet. Etwa 2.000 Ausstellungstücke werden dort künftig Einblick in die Entwicklung und Geschichte des jahrtausendealten Podelta-Gebietes geben, von der Bronzezeit bis zum Mittelalter, um genauer zu sein. Fachmännische Rekonstruktionen und interaktive Elemente lassen den Sprung in die Vergangenheit für die Besucher noch zusätzlich zu einem ganz besonders anschaulichen Erlebnis werden.
Untergebracht ist die wertvolle archäologische Sammlung im ehemaligen Ospedale degli Infermi di Comacchio, einem eindrucksvollen, neoklassizistischen Gebäude aus dem 18. Jh. Papst Clemens XIV. hatte einst den Bau des Krankenhauses im Zuge der päpstlichen Reform angeregt. Und so wundert es auch nicht, dass der Anblick der Frontseite durchaus erst einmal an eine Kathedrale denken lässt. Das große Atrium mit Kolonnaden und Spitzgiebel sowie die beiden eleganten „Kirchtürme“ rechts und links fügen sich nicht nur sehr gut in das Stadtbild ein, sondern machen das frühere Krankenhaus, das bis Mitte der 70-er Jahre des 20. Jh. auch als solches genutzt wurde, zu einem der bedeutendsten Bauten in Comacchios historischem Zentrum.
Dass das nach aufwendigen Renovierungsarbeiten neu eingezogene Museo Delta Antico die Attraktivität und Anziehungskraft des Gebäudes noch weiter verstärken wird, davon ist bereits wenige Tage nach der Eröffnungsfeier fest auszugehen. Besonders großes Interesse dürfte die wertvolle Ladung des römischen Schiffs von Comacchio hervorrufen. Der Handelsfrachter aus dem 1. Jh. v. Chr. wurde 1981 am Rande der Adriastadt entdeckt und stellte sich rasch als ein Pompeji des Meeres heraus. Unter seinen 2.000 Jahre alten, bestens erhaltenen Gütern befinden sich Arbeitsgeräte und persönliche Gegenstände der Besatzung, Töpferwaren und Holzwerkzeuge sowie kleine, kostbare Votivtempel, Amphoren und Eisenbarren. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang auch die 3D-Rekonstruktion eines Römerschiffs aus Augustus Zeiten.
Neben der römischen Abteilung unterscheidet das Museo Delta Antico noch vier weitere chronologische und thematische Bereiche. Die ältesten Exponate stammen aus der späten Bronze- und der frühen Eisenzeit, gefolgt von einem Abschnitt, in dem sich alles um die archaische und die klassische Zeit dreht. Im Mittelpunkt steht hier die Etrusker-Stadt Spina, deren antiker Hafen einen etruskischen Vorposten für den Handel mit dem östlichen Mittelmeerraum darstellte. Ganz in diesem Sinne wird in dieser Abteilung auch nicht nur auf die Struktur der einstigen Lagunenstadt mit ihren Nekropolen eingegangen, sondern ebenso auf Spinas Beziehungen zu Athen und der griechischen Kultur sowie zu anderen etruskischen, venezianischen und keltischen Bevölkerungsgruppen.
Spannend sind schließlich auch die beiden Bereiche, die sich zum einen mit der geologischen Entwicklung des Deltas von der Bildung der Poebene bis zur heutigen Zeit und zum anderen mit dem Spätmittelalter und der Entstehungsgeschichte Comacchios auseinandersetzen. Als die römischen Städte langsam verschwanden, erschien Comacchio nämlich neben Venedig als eine der ersten Küstensiedlungen auf der Bildfläche. Salz und Handel bestimmten das Glück der Anfangszeit. Mit dem sich weiter nach Norden verschiebenden Hauptlauf des Pos endete der große Kommerz im Anschluss an das 12. Jh., um in einen lokal begrenzten Fischhandel unter der Macht fremder Herrscher überzugehen.
Visitcomacchio und Museo Delta Antico bieten weitere Informationen zum Thema.