Zu Weihnachten wird es spannend und mystisch

Für alle, die das Besondere und Geheimnisvolle lieben: Wagen Sie einen Zeitsprung in das mittelalterliche Venedig und lernen Sie einen fast vergessenen Geheimorden kennen. Eine Geschichte zwischen Verwirrung, Seuche, Romanze und unsterblicher Liebe …
Mystica Venezia
Eine verschwundene Braut, ein Sensenmann als Gondoliere, eine blinde Malerin, ein seltsames Zeichen an einer Mauer und ein geheimnisvoller Orden, Guido hat sich seine Hochzeitsreise nach Venedig dann doch etwas anders vorgestellt. Verzweifelt macht er sich gemeinsam mit seiner Schwägerin Ana Karina in den Wirren des Karnevals, der durch die engen Gassen der Lagunenstadt tobt, auf die fast aussichtslose Suche nach Christina Maria und stößt dabei auf eine uralte Legende.
ISBN-13 : 978-3903056701
Leseprobe aus dem Buch
Eine Grotte erhellt von Fackeln, Frauen und Männer in mittelalterlichen Gewändern. Dann unruhiges Gemurmel und eine Bewegung in der Masse … Duca Julietta, Julietta … immer lauter wird das Raunen ...
Guido erwachte von einem spitzen Schrei und rieb sich schlaftrunken die Augen. Ana Karina saß mit weit aufgerissenen Augen auf dem Bett und sah im Dämmerlicht des Morgens totenblass aus. Verärgert streckte er die steifen Glieder.
„Ich hatte einen seltsamen Traum“, stellte seine Schwägerin fest und sprang mit beiden Beinen gleichzeitig aus dem Bett.
Guido ahnte nichts Gutes, als sie nach ihren Sachen griff und lautlos im Bad verschwand.
Wenig später saßen sich Ana Karina und Guido bei einem eher dürftigen Frühstück gegenüber.
‚Der Kaffee ist grottenschlecht, schmeckt wie Abwaschwasser, und wenn man bedenkt, dass dies die Hochzeitsreise ist‘, dachte Ana Karina missmutig. Guido schien ihre Gedanken zu erraten.
„Hör mal, das ist nicht meine Schuld, dass deine Schwester ein Zimmer in dieser Spelunke gebucht hat. Ich wollte eine Kreuzfahrt mit ihr machen, aber nein, es musste ja dieses Kaff sein und das auch noch im Februar!“
Ana Karina schnappte hörbar nach Luft. Abgesehen davon, dass Guido Venedig soeben als Kaff bezeichnet hatte, konnte sie ihm diesmal also keine Schuld zuschieben.
„Christina hat das ausgesucht?“, fragte sie fassungslos.
Sie nannte ihre Zwillingsschwester nie beim vollen Namen - im Gegensatz zu Guido. Der schien gerade ein Stück auf seinem Stuhl zu wachsen. Seine Freude währte jedoch nicht lange, denn jetzt musste er den Rest der Geschichte berichten.
„Eine Gondel mit einem Sensenmann darin, willst du mir einen Bären aufbinden, Guido? Nein, mein Lieber, da musst du dir schon was anderes einfallen lassen!“, wütend funkelte sie ihn an.
Sie hat Katzenaugen, das Grün ist viel intensiver als bei Christina Maria, dachte er verwirrt. Traurig sah er sie an:
„Es ist die Wahrheit und nein, ich hatte nichts getrunken.“
„Okay, wir gehen zur Polizei“, die Antwort kam sehr entschieden.
Bei der Polizei erfuhren sie, dass es noch viel zu früh war, eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Man musste wenigstens die nächsten zwei Tage abwarten. Schließlich handelte es sich um eine erwachsene Frau und kein vermisstes Kleinkind. Die ganze Geschichte klang zudem mehr als unglaubwürdig.
„Auch gut“, resignierte Ana Karina laut. „Bist du dir sicher, dass sie nicht einfach mal nur eine Auszeit brauchte und irgendwann wieder auftaucht?“
Guido wurde blass:
„Was meinst du damit? Dass mir meine Frau auf der Hochzeitsreise weggelaufen ist? Ich dachte, du würdest sie besser kennen!“
Etwas in Ana Karina wehrte sich noch immer gegen die Geschichte mit dem Sensenmann. Grübelnd sah sie in das trübe Wasser eines Seitenkanals. Guido stieß ein seltsam gurgelndes Geräusch aus und zeigte auf etwas. Zögernd hob sie den Blick und traute ihren Augen kaum. Er stand vor einem kleinen Geschäft mit alten Gemälden, und eines davon zeigte einen Sensenmann auf einer Gondel, der auf eine Mauer zufuhr. Ana Karina fasste einen Entschluss und betrat den Laden. Ihr Schwager stand noch immer wie angewurzelt vor dem Schaufenster.
Der alte Mann hinter dem Tresen begrüßte sie freundlich und fragte nach ihrem Begehr. Ana Karina fragte in fließendem Italienisch nach dem Bild, und der nette Herr holte es sogleich aus dem Schaufenster. Es sei ein neueres Bild, relativ günstig im Preis. Bei genauerer Betrachtung konnte sie nun sehen, dass auf der gemalten Mauer etwas gezeichnet war. Eine lilafarbene liegende 8 - das Zeichen für Unendlichkeit.
„Die begnadete Malerin ist übrigens eine Nichte von mir. Leider hat sie schon als Kleinkind ihre Sehkraft verloren“, erzählte der Ladenbesitzer.
„Wissen Sie Signora, gleich als Sie den Laden betreten haben ist mir etwas aufgefallen. Ich möchte Ihnen gern ein anderes Bild zeigen, ein wesentlich älteres Gemälde.“
Er verschwand kurz hinter einem Vorhang und kam mit einem etwas angestaubten Bild in einem verschnörkelten goldenen Rahmen zurück. Es war ein Frauenportrait. Ana Karina warf einen Blick darauf und erstarrte. Ihr eigenes Gesicht blickte ihr entgegen. Diese Frau hatte etwas längeres Haar als sie, aber genauso lockig und kastanienbraun, die gleichen Augen. Um den Hals trug sie eine Kette mit einem Medaillon. Ein schwarzes Medaillon mit einer in Ornamente gebetteten weißen Rose. Es kam Ana Karina seltsam vertraut vor.
„Wer ist diese Frau?“, fragte sie mit belegter Stimme.
„Das ist ein Portrait von Julietta da Montefeltro.“
Ana Karina zitterte plötzlich am ganzen Körper.
„Julietta da Monte …“
„Montefeltro. Die Geschichte reicht bis ins Mittelalter zurück. Julietta war die Sacerdotessa Magna und Hohepriesterin des geheimen Bucintoro-Ordens. Sie verschwand im Jahre 1562 - ohne eine Spur zu hinterlassen.“
Ana Karina hielt den Atem an und schaute noch immer unverwandt auf das Bild.
„Ich möchte das Portrait gern kaufen. Wie teuer ist es?“ Sie wusste, der Preis würde zu hoch sein, sie würde es nicht bezahlen können, aber sie musste es einfach haben. Notfalls würde Guido ihr das Geld eben vorschießen. Er stand noch immer vor dem Schaufenster. Der alte Mann musterte Ana Karina prüfend und sagte dann:
„Geben Sie mir dafür, was Sie für richtig halten, und es gehört Ihnen. Ich weiß, dass es so in Ordnung ist.“
„Ich bin mir vollkommen im Klaren darüber, dass es viel zu wenig ist …“, murmelte Ana Karina, während 300 Euro und das Gemälde den Besitzer wechselten.
Der Verkäufer lächelte und verpackte das Bild sorgfältig. Wie in Trance verließ Ana Karina den Laden und blinzelte draußen in die gleißenden Sonnenstrahlen, die plötzlich durch die dichte Nebelwand drangen.
©byChristine Erdic
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Die deutsche Buchautorin Christine Erdic lebt zur Zeit hauptsächlich in der Türkei.
Beruflich unterrichtet sie in der Türkei Deutsch für Schüler (Nachhilfe), sie gab
Sprachtraining an der Uni und machte Übersetzungen für türkische Zeitungen.
Mehr Infos unter Meine Bücher- und Koboldecke
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