August Sander: Meisterwerke - Photographien aus "Menschen des 20. Jahrhunderts"
Ausstellung in Köln zeigt über 150 Originalabzüge von August Sander | Pressepreview am Mittwoch, 5. September um 11 Uhr
Presserundgang: Mittwoch, 5. September um 11 Uhr (Bitte akkreditieren Sie sich zum Presserundgang über folgenden Link: http://bit.ly/2vgl5vL)
Eröffnung und Preisverleihung an Francesco Neri: Donnerstag, 6. September um 19 Uhr
Laufzeit 7. September 2018 bis 27. Januar 2019
Die aktuelle Ausstellung mit über 150 Originalphotographien und zahlreichem Vitrinen-Material zeigt einen repräsentativen Querschnitt durch das Projekt "Menschen des 20. Jahrhunderts".
Die Bilder aus August Sanders Porträtwerk sind nicht nur für die Geschichte der Photographie fundamental, sie sind für all jene höchst spannende Studienobjekte und Meisterwerke, die ohne Sentimentalität und Vorurteil den Menschen und das Leben lieben, Fragen ans Gestern stellen und Erfahrungen für die Zukunft sammeln; für all jene, die eine Leidenschaft fürs Hinschauen, Entdecken, Phantasieren und Analysieren haben: Wie erscheinen uns die Dargestellten, wie haben sie ihr Leben verbracht, was hat sie erfreut und erschüttert, was hat ihre Gesichter, ihre Hände, ihre Physiognomie gezeichnet? Was teilen sie aus ihrer Welt mit? Wie hat Sander es geschafft, all die unterschiedlichen Menschen zu treffen, anzusprechen, zu positionieren, fürs Bild zu begeistern? Was vermittelt uns das photographische Material heute - in einer Zeit, in der das Entwickeln einer Photographie in der Dunkelkammer kaum mehr praktiziert wird und ein Zauber verloren geht? Was bedeutet Zeit und Handarbeit für die künstlerische Auseinandersetzung?
Zusammenbetrachtet bieten die von August Sander (1876-1964) so sachlich wie würdevoll und individuell abgebildeten Personen einen Kosmos, der Geschichte lebendig werden lässt. Angesichts Sanders Photographien scheint unser Gespür für Ähnlichkeiten, Unterschiede und Vergleichbares herausgefordert. Erinnerungen an Berichte aus der Vergangenheit werden wach, der Wandel einzelner Lebensverhältnisse und Lebensvorstellungen wird plastisch; Berufsbilder, die sich verändert haben, ausgestorben oder ersetzt worden sind, treten vor Augen; die Umstellung gesellschaftlicher Vorgänge oder Ereignisse gewinnen Anschaulichkeit ebenso wie sich modifizierende Bildvorstellungen und künstlerisch ästhetische Ansprüche.
Doch abgesehen vom Verweischarakter, von der zeitgeschichtlichen Relevanz und der hohen Inspirationskraft von Sanders Photographien, die von namhaften Autoren wie Walter Benjamin, Alfred Döblin, Golo Mann und Kurt Tucholsky hervorgehoben wurden, zeigen die Bilder sehr konkrete Momente und sind im Einzelnen von bewundernswerter ästhetischer Qualität. Sie stellen Sanders Realitätssinn und sein Auge für spezifisch photographische, dokumentarische Naturtreue und adäquate Bildgestaltung unter Beweis. Dieser Qualität am Originalabzug aus August Sanders Hand nachzuspüren ist etwas besonders Kostbares und kann aufgrund konservatorischer Erfordernisse der sogenannten Vintages in großem Umfang nur selten geleistet werden.
August Sander selbst hat das Projekt "Menschen des 20. Jahrhunderts" erstmals 1927 im Kölnischen Kunstverein vorgestellt. Seine Bildauswahl umfasste seinerzeit über 110 Blätter, die mit jetziger Präsentation jedoch weithin nicht identisch ist und auch nur bedingt überliefert ist, abgesehen davon, dass von einzelnen Motiven auch mehrere Abzüge kursier(t)en. Da Sander das Projekt oder - wie er es nannte - sein Kulturwerk "Menschen des 20. Jahrhunderts" zwischen ca. 1925 und 1955, also über drei Jahrzehnte unter Rückgriff auch auf solche Motive erarbeitete, die ab 1892 entstanden waren, war sein Bestand an Originalabzügen und Bildmappen bis zu seinem Lebensende enorm gewachsen. In seinem Archiv bildet er sich gewissermaßen als ein Fundus ab, aus dem der Photograph für Ausstellungen und Publikationen frei schöpfte. Dies war in seiner Zeit ein einzigartig neues Vorgehen. Sanders Bewusstsein über die potenzierte Wirkungsweise von Bildreihen gegenüber Einzelbildern machte ihn ebenso zum Vorreiter der konzeptuellen Photographie wie sein entschiedener Einsatz einer unverfälscht klaren Wiedergabe der einzelnen Motive. Seine Porträts sollten seinen dokumentarischen Ansatz unterstreichen und ohne zusätzlich künstlerische Attitüden, aber nicht ohne eine fein justierte und zurückhaltende Gestaltung auskommen.
Das umfangreich angelegte Porträtwerk Sanders zielte darauf, einen Querschnitt der Bevölkerung aufzuzeigen, in dem sich die verschiedenen Berufs- und Gesellschaftstypen, verteilt auch auf die unterschiedlichen Generationen wiederfinden - einen Spiegel der Zeit. Im Titel Sanders ersten dazu 1929 erschienenen Buchs Antlitz der Zeit findet diese Intention ihr Echo. Sowohl dem mittelbar zum Ausdruck kommenden Gesicht der Zeit, als auch den einzelnen Physiognomien galt jahrzehntelang die ungebrochene Aufmerksamkeit des Photographen.
Um seinem wachsenden Kompendium Form und Gestalt zu geben, hat Sander Mitte der 1920er-Jahre ein Konzept erstellt, in dem er die von ihm in den Fokus genommenen Bildgruppen und -mappen weitgehend benannt hat. Die Gruppen heißen: "Der Bauer", "Der Handwerker", "Die Frau", "Die Stände", "Die Künstler", "Die Großstadt" und "Die letzten Menschen". Letztere vielleicht irreführende Bezeichnung steht für eine Bildreihe, die sehr respektvoll Menschen am Rande der Gesellschaft zeigt. Sanders damaligem Konzept, das eine Reihenfolge der Gruppen und Mappen vorschlägt, folgt auch die aktuelle Ausstellung unter Hinzuziehung einzelner oder mehrerer repräsentativen Mappenabzüge aus den entsprechenden Bildmappen.
Zum größten Teil stammen die Photographien aus dem Bestand des 1992 erworbenen August Sander Archivs, das den Grundstein für die weitere Entwicklung der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln, bildet. Dazu werden exklusive Leihgaben von Originalen hinzugezogen, so aus der Berlinischen Galerie, Museum für Moderne Kunst, Berlin, dem J. Paul Getty Museum, Los Angeles, dem Museum Ludwig Köln, dem Museum of Modern Art, New York und der Pinakothek der Moderne, München ebenso wie aus wichtigen Privatsammlungen.
Im Schirmer/Mosel Verlag ist zeitgleich zur Ausstellung in deutscher und englischer Ausgabe das Buch "August Sander - Meisterwerke" entstanden. Erstmals in der Publikationsgeschichte des Photographen werden darin die Originalabzüge in authentischer Tonalität, außerdem in ursprünglicher Ausschnittwiedergabe abgebildet. Digitale Daten, durch Scannen der Originale gewonnen, wurden vielfach abgestimmt und vierfarbig gedruckt. Der in die Publikation einbezogene Text von Gabriele Conrath-Scholl gibt einen vertieften Einblick in die Entwicklungsgeschichte von "Menschen des 20. Jahrhunderts" und setzt den Diskurs über das Werk von August Sander fort, das im Münchner Verlagsprogramm seit 1975 mit Herausgabe von Sanders "Rheinlandschaften" und weiteren zahlreichen Titeln eine zentrale Rolle spielt.
Zeitgleich finden statt:
Blick in die Sammlungen: Hugo Erfurth - Bildnisse
Eine Ausstellung der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur und dem LVR-LandesMuseum Bonn in Raum 2
Die Bildnisse, die aus dem Atelier von Hugo Erfurth (1874-1948) überliefert sind, reichen stilistisch weitgehend in die Zeit bzw. Auffassung der Kunstphotographie. Diese besonders künstlerisch motivierte Richtung hatte am Ende des 19. Jahrhunderts bis etwa 1914 ihre Blütezeit. Die Photographen verfolgten die Absicht erlesen gestalteter Kompositionen, die noch dazu mit besonderen manuell-technischen Eingriffen veredelt wurden. Dazu von Vorteil waren Edeldruckverfahren, die einen malerischen Duktus erlaubten und überdies höchst aufwendig in der Herstellung waren. Anleihen in der Malerei verhalfen der Photographie so zum großen Auftritt, was sich tatsächlich in der Dimension großer Wandbilder ausdrücken sollte. Damit einher gingen expressiv wirkungsvolle und stark symbolisch intendierte Motive, die die Gefühlswelten der Menschen bis ins Pathetische zum Ausdruck brachten. Bedeutende Persönlichkeiten der Gesellschaft wurden mit Edeldrucken geehrt oder für besondere Anlässe wurden dieserart Bilder in Auftrag gegeben. Mit Aufkommen neuer Möglichkeit des technischen Mediums in den 1920er-Jahren und einer Rückbesinnung auf die rein dokumentarische Qualität als künstlerischer Ausdruckswert in der Photographie wurden die kunstphotographischen Techniken mehr und mehr verdrängt.
Hugo Erfurth hielt jedoch unabhängig neuer Tendenzen weitgehend an der Umsetzung seiner Motive als Edeldrucke fest. Vor allem im Öldruck erreichte er meisterliche Leistungen, exquisite Stück gingen aus seinem Atelier hervor. Neben seiner anfänglichen Vorliebe für Genrephotographien und Landschaftshintergründe spezialisierte sich Erfurth zunehmend auf Porträts, die er zu Beginn seiner photographischen Tätigkeit vor allem im Kreis seiner Familie fand. Mit Erwerb des Palais des Grafen Lüttichau in der Dresdner Innenstadt im Jahre 1906, entwickelte sich Erfurths Atelier zu einem repräsentativen Zentrum des städtischen Kulturlebens. Individualbildnisse entstanden von Mitgliedern der Bürgerschaft und Adel, von Militär und Künstlern. So werden in der aktuellen Ausstellung z. B. einnehmende Porträts von Max Beckmann, Otto Dix, Käthe Kollwitz und Richard Riemerschmid zu sehen sein, u. a. fanden einige dieser Personen interessanterweise auch den Weg vor August Sanders Kamera - spannenderweise unter stilistisch anderer Maßgabe. Hatte auch Sander kunstphotographisch ausgerichtete Photographien erarbeitet, so wendete er sich jedoch für sein freies künstlerisches Schaffen nach dem Ersten Weltkrieg mehr und mehr davon ab. Heute sind nur verhältnismäßig wenige, doch aufschlussreiche Beispiele in dieser Technik von ihm erhalten.
Mit der Ausstellung zum Werk von Hugo Erfurth findet die 2018 gestartete Zusammenarbeit des LVR-LandesMuseum Bonn und der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln, ihre Fortsetzung. Die Exponate zur aktuellen Präsentation stammen aus den Beständen beider Häuser, ergänzt um Leihgaben aus der Deutschen Fotothek Dresden. Begleitend erscheint ein Sammlungsheft mit einem Text von Adelheid Komenda.
August-Sander-Preisträger 2018:
Francesco Neri - Farmers, Photographien 2009-2018
(Raum 3 und 4)
Dem ersten Gewinner des August-Sander-Preises 2018, Francesco Neri (*1982), ist eine Kabinettausstellung gewidmet. Er stellt seine Serie "Farmers" vor, mit der er die Jury überzeugte. 2009 hat der aus Faenza, Norditalien stammende Künstler begonnen, sich mit der ländlich-bäuerlichen Welt seiner Heimatregion photographisch auseinanderzusetzen, bevorzugt im Bereich des Porträts. Entstanden sind einfühlsam wie klar dokumentarische Bildnisse von Bäuerinnen und Bauern, die Neri in deren Wohn- und Arbeitsumfeld photographiert hat. Zumeist sind die Aufnahmen im Freien entstanden, vor dem Hintergrund eines Gartens oder Feldes, bisweilen ist ein Haus oder Hof erkennbar. Die Atmosphäre ist von zurückhaltenden Farben und Licht geprägt, die Personen ins Zentrum der Komposition gerückt. Aufgeschlossen, wie zum Gespräch bereit, stehen sie via Bild dem Betrachter gegenüber, ohne übertriebene Pose, ohne Scheu gegenüber der Kamera.
Die Präsentation umfasst 70 Photographien, die zum überwiegenden Teil erstmals überhaupt, zu einem anderen Teil erstmals in der Zusammenschau gezeigt werden. Francesco Neri, der an der Kunstakademie in Ravenna bei Guido Guidi studierte, zeigt seine Bilder als Kontaktabzüge, aufgenommen auf Schwarz-Weiß-Filmmaterial oder auch auf Farbfilm. 8 x 10 inches, also c. 20 x 25 cm, messen seine Kontaktabzüge, die er mit einer entsprechenden Großbildkamera aufnimmt.
Begleitend erscheint ein Booklet mit einem Text von Claudia Schubert.
Der August-Sander-Preis wurde erstmals 2018 von Ulla Bartenbach und Prof. Dr. Kurt Bartenbach in Kooperation mit der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur ausgelobt. Der Preis für zeitgenössische Photographie wird alle zwei Jahre für besondere Verdienste im Bereich des sachlich dokumentarisch orientierten Portraits an Künstler bis 40 Jahre verliehen und ist mit 5.000 Euro dotiert.
Die Pressebilder zu den Ausstellungen finden Sie im Pressebereich der SK Stiftung Kultur unter dem Direktlink: http://bit.ly/2tbQGP9
Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Im Mediapark 7, 50670 Köln, Tel.: +49 221/888 95 300, E-Mail: photographie@sk-kultur.de, www.photographie-sk-kultur.de,
Ausstellungen zu den Laufzeiten geöffnet täglich außer mittwochs von 14 bis 19 Uhr
Eintritt: 5,50 EUR (ermäßigt 3 EUR), erster Montag im Monat freier Eintritt! Regelmäßige Führung: Jeden Sonntag um 15 Uhr, Kosten: regulärer Eintritt + 2 EUR Führungsgebühr
Verlängerte Öffnungszeiten während des Festivalwochenende der "Internationalen Photoszene Köln" ( www.photoszene.de): Freitag, 28. September von 14 bis 22 Uhr; Samstag und Sonntag, 29./30. September, jeweils von 11 bis 19 Uhr.
Die Ausstellungen bleiben geschlossen am 1. November (Allerheiligen) sowie vom 24. bis 26. Dezember, am 31. Dezember und am 1. Januar 2019.
Das 1992 von der SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn erworbene August Sander Archiv, das neben dem künstlerischen Nachlass auch die Bildrechte von August Sander umfasst, bildet den Grundstein der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur. Es ist das weltweit größte Konvolut mit originalen Werken des Photographen (1876-1964). Mit Blick auf Sanders sachliche und konzeptorientierte Photographie erweiterte sich die Sammlung um weitere seinem Ansatz verwandte Arbeiten anderer historisch wichtiger und zeitgenössischer Künstler. Schwerpunkte bilden so auch die Photographien von Bernd und Hilla Becher, von Karl Blossfeldt, von Jim Dine und vielen mehr. Die Ausstellungen orientieren sich programmatisch am Sammlungsbestand.
Firmenkontakt
Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur
Gabriele Conrath-Scholl
Im Mediapark 7
50670 Köln
022188895300
photographie@sk-kultur.de
http://www.photographie-sk-kultur.de
Pressekontakt
SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn
Ralf Convents
Im Mediapark 7
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pr@sk-kultur.de
http://www.sk-kultur.de
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