Interview mit Buchautor Gustav Knudsen

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Interview mit Buchautor Gustav Knudsen
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Anlässlich des Erscheinens des bislang letzten Bands „Kristina“ der „1980er Jahre-Saga“ von Gustav Knudsen sprachen wir mit dem Autor auf Mallorca.

Was wollen Leser von Büchern und welche Bedeutung hat Literatur heute? Muss man jedes Buch, das man angefangen hat, auch zu Ende lesen? Was prägt seine Buchserie? Was ist sein literarischer Stil? Brauchen wir Geschichten? Warum sind Leser unterschiedlicher Meinung? Was bedeuten Literaturpreise? Eines sei vorab verraten - Knudsens Bücher sind viel mehr als nur ein Teil der Zeitgeschichte - voller Anspielungen und Anekdoten – klug, witzig, lebensnah.

Warum haben Sie angefangen, Bücher zu schreiben?

Meine Antwort klingt vielleicht ein wenig nach Klischee, aber so ist es eben auch. Dieser Wunsch schwelt seit meiner Kindheit in mir. Ich habe schon immer viel gelesen - war „Stammgast“ in der Schulbücherei oder unserer Gemeindebibliothek – liebte es immer schon in ferne Bücherwelten zu reisen. In der Schule entdeckte ich auch meine Liebe zum Schreiben. Ich schrieb immer gute Aufsätze, aber meine Diktate waren eine Katastrophe.

Warum haben Sie sich entschieden eine Buchserie zu schreiben?

Entschieden habe ich mich nicht wirklich, das hat sich so ergeben. Während der Corona-Pandemie kam mir in den Sinn Erlebtes zu notieren. Für mich. Für die, die nach mir kommen. Bevor ich es vergesse … oder Alzheimer bekomme. Aus der ursprünglich angedachten Trilogie ist dann sehr schnell mehr geworden, eben die Buchserie Gustav Knudsen, die auch gleichzeitig das Autoren-Pseudonym geworden ist.

Was ist der Kern ihrer Buchserie?

Die 1980er Jahre – prägend und einprägend“ hat sich schon fast zu sowas wie einer Saga entwickelt. Eine fortlaufende Geschichte, die sich über ein Jahrzehnt erstreckt - die sich mehr oder weniger um ein und dieselben Charaktere dreht, in einzelne Episoden unterteilt ist. Diese Buchserie zeichnet sich dadurch aus, dass am Ende einer Episode (Buch) ein Cliffhanger steht, der auf die nächste Episode neugierig machen soll. Oder aber das Ende bleibt insofern offen, dass einer oder mehrere Konflikte bei abgeschlossener Haupthandlung noch weiter bestehen und auf die Fortsetzung in der nächsten Episode hindeuten.

Wie lange dauert es, ein Buch zu schreiben?

Den genauen Zeitraum von der ersten Idee bis zum fertigen Buch kann ich nicht genau definieren. Dazwischen liegen unglaublich viele Denk- und Arbeitsprozesse. Bei mir ist es so: Wenn ich eine Idee für einen Text habe, schreibe ich sie kurz auf und kümmere mich zunächst nicht weiter darum. Dieser Ideenkeim arbeitet dann irgendwo im Unterbewusstsein. Wenn die Idee gut ist, entwickelt sich die Geschichte von selbst. Immer mehr Ereignisse, Personen und Handlungsebenen füllen den unsichtbaren Ordner. Irgendwann kommt die Geschichte an die Oberfläche und will zumindest einmal grob skizziert werden. Eine erste Handlungsskizze entsteht, der in der Regel eine konzentrierte Recherche folgt. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem ich nicht mehr anders kann, als mich an die erste Seite zu machen.

Wie kommen Sie überhaupt auf Ihre Ideen, was inspiriert Sie?

Das ist die schwierigste Frage, die man einem Autor stellen kann, und ich kann sie wahrscheinlich auch nicht abschließend beantworten. Ich glaube, dass jeder Mensch die erwähnten Ideenkeime in sich trägt. Das merke ich immer wieder, wenn ich mit Menschen ins Gespräch komme, die keine Autoren sind. Da erzählt mir jemand von einem spannenden Urlaubserlebnis und meint lapidar, dass man daraus ein Buch machen könnte. Ein anderer malt sich aus, wie eine Geschichte weitergehen könnte, wenn er zum Beispiel Zeuge einer zufälligen Begegnung im Zug wird. Ich glaube, Autoren haben eine Art sechsten Sinn, um solche Ideenkeime zu erkennen.

Wer sind die ersten Leser Ihrer Bücher?

Ich habe tatsächlich eine Reihe von kritischen Erstlesern, denen ich meine Texte zum Lesen gebe, wenn ich das Gefühl habe, dass ich irgendwann nicht mehr alleine weiterkomme. Das ist meistens nach der Überarbeitung der Fall. Da bin ich selbst so in den Text verstrickt, dass ich nicht mehr beurteilen kann, ob zum Beispiel eine Szene spannend oder langweilig ist. Dann ist die Einschätzung von Menschen, die bis dahin noch nicht mit dem Text in Berührung gekommen sind und daher unvoreingenommen lesen, unbedingt notwendig.

Was ist Ihr Ansatz? Eine figurenbasierte und chronologisch aufeinander aufbauende Reihe? Und wieso überhaupt eine Buchreihe?

Eine Buchreihe hat den Vorteil, dass man sie über mehrere Bände planen kann (bei einer Trilogie ist das meistens der Fall), aber nicht muss. Meine Buchreihe hat sich nicht geplant, sondern organisch von Buch zu Buch entwickelt. Besonderes Augenmerk muss ich natürlich immer darauf legen, die Charaktere trotzdem stimmig zu gestalten und weiterzuentwickeln und den gesamten Verlauf der Ereignisse aus allen Romanen zu berücksichtigen, damit es nicht zu irgendwelchen Ungereimtheiten kommt.

Geht es um real existierende Personen, oder ist das reine Fiktion?

Da sind die Übergänge fliessend, vermischen sich zuweilen. Besonders spannend finde ich in diesem Zusammenhang, dass sich mir die Charaktere und wahren Beweggründe der einzelnen Figuren, die an real existierende Personen angelehnt sind – natürlich leicht verändert, und mit anderen Namen - tatsächlich erst nach und nach, also von Buch zu Buch, erschlossen haben. Und auch der Zeitrahmen, also die 1980er Jahre, erst im Schreibprozess wieder komplett in meinem Gedächtnis präsent – und präsenter wurden. Schon erstaunlich was man im Laufe der Jahre alles vergisst. Vielleicht sogar verdrängt, ausblendet. Eine weitere große Herausforderung war und ist es daher, die Figuren genau im Auge zu behalten und auch mit unvorhergesehenen Kapriolen, Leichen im Keller oder Motivationen zu rechnen, wenn sich diese Figuren, was bei mir immer der Fall ist, verselbstständigen und die Regie übernehmen.

Also sowas wie eine Biographie?

Im weitesten Sinne. Vielleicht trifft der Ausdruck „fiktive Biographie“ es am ehesten. Von beidem etwas. Erstaunlich ist für mich, dass die Figuren, auch wenn sie plötzlich mit verblüffenden Enthüllungen über ihre Motive oder ihre Vergangenheit aufwarten, trotzdem nie unglaubwürdig werden. Möglicherweise spielt im kreativen Prozess der Figurenentwicklung auch mein Unterbewusstsein eine große Rolle, das immer schon viel mehr über die Figuren weiß als mein Bewusstsein. Oft haben sich mir bestimmte Handlungen oder Verhaltensweisen aus der Vergangenheit erst in viel späteren Bänden voll erschlossen, und ich habe sie selbst erst voll verstanden, als die Zeit dafür reif war. Aber immer ohne dass es zu Komplikationen geführt hätte oder ich gegenüber den Leserinnen und Lesern in Erklärungsnot geraten wäre. Also: Danke, liebes Unterbewusstsein!

Sollte man Ihre Bücher in der chronologischen Reihenfolge lesen?

Nicht zwingend, macht es aber leichter dem Handlungsstrang zu folgen. Übrigens können die Leserinnen und Leser in gut konzipierte figurenbasierte Buchreihen jederzeit einsteigen, auch wenn sie meist chronologisch aufeinander aufbauen. Die Kunst und damit auch Herausforderung für mich ist es hierbei, in Folgebänden jeweils so viel Hintergrundwissen über die Figuren und vergangenen Ereignisse einzuweben, dass es für Neueinsteiger ausreicht, um ihnen das Verständnis zu erleichtern, und ich bereits eingefleischten Fans nicht mit Details, die sie längst kennen, auf die Nerven gehe.

Was macht Ihre Buchserie aus?

Natürlich vor allem eines - mehr Raum. Eine Buchreihe bietet naturgemäß viel mehr Raum für die Entwicklung von Charakteren und episodenübergreifenden Handlungssträngen und Spannungsbögen. Man könnte es fast, aber nur fast, mit einem extrem langen Roman vergleichen, der in viele Einzelteile zerlegt ist. Das Bild ist allerdings etwas schief, denn die einzelnen Episoden haben durchaus selbst den Umfang eines Romans.

Ein wichtiger Knackpunkt bei der Konzeption solcher Serien ist es, die Entwicklung der Charaktere ebenso wie den episodenübergreifenden Handlungs- bzw. Spannungsbogen in entsprechende Häppchen zu zerlegen, ohne einmal zu viel und einmal zu wenig zu verraten, sondern die Leserinnen und Leser mit genau der richtigen Dosis an Informationen zu versorgen. Zum Beispiel: „Kriegen sie sich oder nicht?“ Zwar habe ich durch mehr Platz auch mehr Möglichkeiten, Handlungsstränge und Charaktere facettenreicher und mit einem natürlichen Auf und Ab oder Hin und Her darzustellen, aber ich muss alle Daten, Informationen und Entwicklungen akribisch im Auge behalten, um konsistent zu bleiben und die Leserinnen und Leser nicht durch plötzliche, nicht nachvollziehbare Wendungen, Veränderungen oder nicht stimmige Details zu irritieren.

Also sind alle Bücher bereits von Ihnen geplant?

Während ich ziemlich genau im Voraus plane, wie sich die Charaktere im Laufe einer Staffel und sogar innerhalb der einzelnen Episoden entwickeln und natürlich auch, welche übergreifenden Handlungen stattfinden sollen, plane ich die einzelnen Episoden wiederum “von Fall zu Fall”, also erst dann, wenn die jeweilige Episode an der Reihe ist. Ich habe zwar immer einen Pool an Themen und Ereignissen zur Verfügung, lasse mich aber auch gerne von spontanen Ideen und Einfällen leiten, wenn es darum geht, eine einzelne Episode zu gestalten.

Aber auch bei Serien muss ich berücksichtigen, dass die Figuren ihren eigenen Kopf haben und schnell die Regie übernehmen. Das Interessante ist, dass sie zwar oft Überraschendes tun, sich aber im Großen und Ganzen doch in dem Rahmen bewegen, den ich für die jeweilige Staffel vorgesehen habe, so dass das angestrebte Ziel nicht völlig auf den Kopf gestellt wird. Allenfalls der Weg dorthin kann sich ein wenig oder sogar deutlich verändern. Wenn dies geschieht, stehe ich wiederum vor der Aufgabe, diesen veränderten Weg passgenau in das bestehende Gerüst einzufügen, damit die Serie in sich nachvollziehbar, glaubwürdig und interessant bleibt.

Das Interview führte Rolf Schade für uns, Freund seit den 1980ern und konstruktiver Erstleser.

Autoreninfo:
Gustav Knudsen
www.gustavknusen.com

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