Auswandern ist oft ein richtiges Abenteuer

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Vor allem mit kleinen Kindern kann das Auswandern in ein fremdes Land zum Abenteuer werden.

Endstation Anatolien
Auswandern? Mit fast vierzig Jahren und zwei schulpflichtigen Töchtern? Und noch dazu in den Orient? Christine Erdic hat es gewagt! Das Morgenland lockt mit bunten Basaren, leuchtenden Farben, einem unvergleichlich blauen Himmel und geheimnisvollen mondbeschienenen Nächten. Doch wie ist das wirkliche Leben hinter dem Schleier der Illusionen? Ein Buch, das das Leben schrieb!
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3752897111
Auch als E-Book erhältlich!

Leseprobe aus dem Buch
Alltag
Ein ganz normaler Tagesablauf sah für uns folgendermaßen aus: Mein Mann verließ gegen 8 Uhr morgens das Haus, um gegen 9 Uhr seine Arbeit in der Stadt anzutreten. Güldi und ich frühstückten erst später ganz in Ruhe. Dann wurde in der Wohnung erledigt, was getan werden musste. Meine Kleine war mit Feuereifer dabei. Sie wollte unbedingt helfen, fuhrwerkte mit dem Staubtuch herum, hängte am Wäschetag Puppenkleidung und Socken auf ihrer eigenen kleinen Leine auf, die wir ihr auf dem Balkon gezogen hatten, kehrte das, was ich zusammengefegt hatte, auf dem Kehrblech zusammen oder ordnete die Schuhe auf dem Flur. Schuhe spielten damals in ihrem Leben eine wichtige Rolle. Sie ging nicht gern zu Bett, und wenn sie endlich lag forderte sie energisch: „Nuckel!“ und sah uns vorwurfsvoll mit ihren großen grünen Augen an. Nun wurde emsig gesucht. Oftmals waren auch Schwager oder Schwägerin abends bei uns zu Besuch, und jeder beteiligte sich an der Suche. Wo mochte das Ding nur hineingerutscht sein?! Er fand sich weder in der Spielkiste noch unter dem Kinderbett. Es verging viel Zeit, bis wir ihn endlich fanden: Der kleine Schelm hatte ihn in einem Schuh versteckt. Fortan mussten wir nun fast jeden Abend - sehr zur Freude meiner Tochter - herausfinden, in welchem Schuh er sich wohl diesmal befand. Derweil saß sie vergnügt glucksend im Bett und beobachtete uns ganz genau.
Meist kam Gerdi, eine holländische Freundin, schon morgens vorbei, wenn wir noch am Frühstückstisch saßen. Sie drehte gerne in der Früh ihre Runden, da dann ihre drei Mädel in der Schule waren und sie zudem sehr unter der Tageshitze litt. Natürlich bekam sie eine Tasse Filterkaffee kredenzt. Hier tranken die Leute damals fast den ganzen Tag schwarzen Tee aus winzigen Gläsern – doch ich brauchte einfach meinen Kaffee. Die Kaffeemaschine hatte ich aus Deutschland mitgebracht, ebenso wie einen Vorrat an Kaffee und Filtertüten.
Güldi konnte sich wunderbar alleine beschäftigen, spielte und sprach mit ihren Puppen oder sah sich Bilderbücher an. Vorlesen und Fotoalben betrachten waren gemeinsame Vergnügen.
Einkaufen war ein besonderes Abenteuer. In der damaligen Türkei gab es keine Supermärkte, sondern nur winzige Geschäfte, einen staatlichen Konsum, der Tansaş hieß, einen Militärladen im Zentrum, den ich mangels Militärausweises aber nicht betreten durfte, und den Wochenmarkt. Wir suchten mühsam in den verschiedenen Läden zusammen, was wir zum täglichen Leben benötigten. Dazu gehörten leider im ersten Jahr auch Windeln. Mit Schrecken sah ich, dass ein einzelnes Exemplar umgerechnet etwa zwei Mark, also einen Euro kostete. Bei einem Verdienst von im Januar noch 375 Mark, im Dezember aber nur noch etwa 180 konnten wir uns das nicht leisten! Es gab alternativ Einlagen, die an Damenbinden erinnerten, und dünne dreieckige Gummifolien, die man an allen Enden miteinander verknotete. Trockenheit war so natürlich keinesfalls immer gewährleistet. Wer auch das nicht finanzieren konnte, stieg - wie auch ich zeitweise - auf aus alten Unterhemden selbstgeschneiderte Windeln um, denn Luren oder Stoffwindeln gab es hier wohl nicht.
Ein weiteres Problem stellte Güldis Nahrung dar. Sie aß natürlich inzwischen schon alles, aber besonders gerne zwischendurch auch mal einen Teller Haferflocken. Also machte ich mich auf die Suche, konnte aber nirgends welche finden. Die Verkäufer schüttelten allesamt ratlos den Kopf. So etwas kannten sie nicht! Nun suchte auch mein Mann eifrig mit und bekam schließlich eine Adresse genannt. Hoffnungsvoll machten wir uns auf den Weg ins alte Viertel und standen dann vor einer Handlung für Pferdefutter, die auch Hafer führte. Resigniert gaben wir auf. Bald zählten geriebener Apfel mit zerbröseltem Butterkeks in Milch sowie muhallebi – eine Speise aus in Mich gekochtem Reismehl und sütlaç - Milchreis zu Güldis absoluten Lieblingsspeisen. Frische Milch wurde uns jeden Morgen vom Händler in zwei Glasflaschen vor die Tür gestellt. Mittags gab es aufgewärmte Reste des Essens vom Vorabend, und danach ging es in den Park, bis es gegen 18 Uhr Zeit wurde, das Abendessen zu bereiten. Auch hier musste ich Abstriche machen, da es einfach vieles nicht gab. Fleisch war teuer, und so aßen wir immer öfter aus Gemüse zubereitete Gerichte sowie die unvermeidlichen Nudeln. Reis und Linsen mussten sorgfältig von Hand verlesen werden, denn es befanden sich oft kleine Steinchen dazwischen, mit denen man sich durchaus schon mal eine Plombe ausbeißen konnte. Ich lernte türkisch kochen, und es schmeckte – bis auf den saisonbedingten Kohl im Winter, der mir schnell zum Halse heraushing. Speiseeis gab es nur im Hochsommer, meine Eltern hatten im September bereits das Nachsehen – dafür aber viele frische Früchte auf dem Markt, allerdings ebenso wie das Gemüse, an die Saison gebunden. Ich improvisierte und experimentierte bald mit Leidenschaft.
Eines Tages hatte Beate, eine deutsche Freundin, die ganz in der Nähe wohnte, eine zündende Idee: Wir könnten ja mal gemeinsam unsere Kinder im nahegelegenen Universitätsgelände spazieren fahren. Dort gäbe es viele Bäume, Blumenbeete, Bänke und sichere Wege. Ich stimmte zu, und schon am nächsten Tag machten wir uns auf. Ihre Tochter Ayşe war wenige Monate jünger als Güldi und saß ebenfalls in einer Karre. Zunächst einmal standen wir jedoch vor einer viel befahrenen Hauptverkehrsstraße, die es zu überqueren galt. In den kleineren Gassen fuhren die Autofahrer langsamer, da die meisten Fußgänger diese ebenfalls benutzten. Die Bürgersteige waren schlichtweg zu eng oder zu hoch, endeten plötzlich, hatten keine Auffahrten für Kinderwagen oder Rollstühle (einmal sah ich einen Mann mit motorisiertem Rollstuhl die Hauptstraße entlangdüsen) oder es standen Bäume und Laternenpfähle mitten auf dem Gehweg, sodass man mit einem Kinderwagen oder einer Karre ohnehin nicht vorbeikam. Auf der Hauptstraße, die den Nachbarort Manisa mit Izmir verband, rasten die Autos geradezu. Ampeln waren Mangelware in der damaligen Türkei, das Fahrverhalten ein rücksichtsloses. So konnte es geschehen, dass der Fahrer laut hupend plötzlich extra noch Gas gab, während man bereits die Straße zur Hälfte überquert hatte. Dadurch ließ sich immer schwer einschätzen, wie viel Zeit einem noch blieb. Wir rannten also, aufmerksam nach rechts und links schauend, zur anderen Seite hinüber und schoben dabei die Karren mit unseren vor Vergnügen laut krähenden Kindern vor uns her. Hinter uns zischten die Autos nur so vorbei. Es wurde ein sehr schöner Nachmittag mit Picknick in den Grünanlagen – dennoch war es mir einfach zu gefährlich, das nochmals zu wiederholen. Der nahegelegene Park mit Spielplatz waren Güldi und mir Freizeitvergnügen genug.
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©byChristine Erdic

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Firmeninformation
Die deutsche Buchautorin Christine Erdic lebt zur Zeit hauptsächlich in der Türkei.
Beruflich unterrichtet sie in der Türkei Deutsch für Schüler (Nachhilfe), sie gab
Sprachtraining an der Uni und machte Übersetzungen für türkische Zeitungen.
Mehr Infos unter Meine Bücher- und Koboldecke
https://christineerdic.jimdofree.com/
https://literatur-reisetipps.blogspot.com/