Kommentar: Kritik an Adidas & Co. sorgt für folgenschwere Missverständnisse

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 Kritik an Adidas & Co. sorgt für folgenschwere Missverständnisse

Als für zahlreiche mittelständische Unternehmen tätige Anwaltssozietät sieht PASCHEN Rechtsanwälte sich verpflichtet, zu einer derzeit öffentlich diskutierten Rechtsfrage Stellung zu nehmen. Die Ankündigung von Adidas und einigen anderen bekannten Handelsunternehmen, ihre Mietzahlungen vorläufig einzustellen, hat zahlreiche, zumeist wenig reflektierte Äußerungen hervorgerufen und sogar manche Aktionen, die eher an extremistische Eiferer erinnern. Leider hat sich auch nicht nur der ressortfremde Bundesverkehrsminister, sondern sogar unsere Bundesjustizministerin veranlasst gesehen, diese Ankündigung ohne jede Differenzierung harsch zu kritisieren. Völlig zu Unrecht wurde allen Ladenmietern mit Aussagen wie: "Mieter müssen selbstverständlich ihre Miete zahlen. Falls sie tatsächlich infolge der Krise in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geraten, kann ihnen lediglich für einen begrenzten Zeitraum nicht gekündigt werden" (Bundesjustizministerin Christine Lambrecht diese Woche diversen Medienberichten zufolge) suggeriert, eine vor dem Hintergrund der Coronakrise vorgenommene Mietminderung sei unrechtmäßig oder sogar unanständig.

Der mit der an Adidas und Co. geäußerten Kritik verbundene Eindruck, das Mietrecht erlaube für diese Betroffenen auch keine Minderung, ist falsch. Die wohl ganz überwiegende Mehrheit der Mietrechtler geht davon aus, dass jedenfalls, wenn der genaue Zweck der Nutzung der angemieteten Räumlichkeiten im Mietvertrag festgehalten ist, die behördlich angeordnete Schließung einen sogenannten Umfeldmangel darstellt, der sehr wohl zur Mietminderung berechtigt. Richtigerweise wird davon auszugehen sein, dass derart betroffene Mieter regelmäßig für den Zeitraum der angeordneten Schließung eine wesentlich geringere Miete bezahlen müssen, wie sie für die dann noch mögliche Nutzung als Lager oder ggf. Büro angemessen wäre.

Die letzte Woche im Eilverfahren verabschiedeten Sonderregelungen zur Coronakrise können wohl kaum den Zweck verfolgt haben, einen bereits bestehenden Schutz von Mietern einzuschränken. Vielmehr geht es bei dem in diesem Zusammenhang zunächst bis Ende Juni gewährten Kündigungsschutz offenkundig darum, insbesondere Mieter von Wohnungen, denen die Einkünfte weggebrochen sind, ihre Wohnung zu erhalten. Die Verpflichtung zur Mietzahlung bleibt in diesen Fällen in der Tat in voller Höhe erhalten. Fachleuten war daher von Beginn an klar, dass die Ankündigung der Handelsunternehmen hiermit nichts zu tun haben kann.

Wir halten es für verantwortungslos, hier nicht umgehend für eine Klarstellung zu sorgen. Bei der übergroßen Mehrheit der Ladenbesitzer handelt es sich nicht um finanzstarke, multinational agierende Konzerne, sondern um kleine Einzelhändler. Viele der Betroffenen müssen nicht nur aufgrund der coronabedingten Schließungen um ihre Existenz fürchten, sondern leiden schon seit langem unter einem extremen Wettbewerbsdruck durch die Internetriesen im Onlinehandel. Die durch die medizinische Katastrophe veranlassten Schließungen ihrer Läden verzerren den Wettbewerb jetzt in unerträglicher Weise und geben vielen den Rest.

Wäre der durch die unreflektierten Äußerungen erweckte Eindruck richtig, dass mit den neuen Regelungen zugleich klargestellt werden sollte, dass auch eine angemessene Kürzung der Miete ausgeschlossen sei, würde dies keine Erweiterung des Mieterschutzes darstellen, sondern dessen massive Beschneidung. Profiteure wären in diesem Falle alleine die Grundstückseigentümer, die als große "Krisengewinnler" nicht nur ihren Anspruch auf Zahlung der Miete in voller Höhe behielten, sondern bei verspäteter Zahlung sogar noch gesetzliche Verzugszinsen in enormer Höhe verlangen könnten.

Abgesehen davon, dass eine solch unsolidarische Lastenverteilung wohl kaum gewollt sein kann, sei darauf hingewiesen, dass das durch eine derartige Handhabung des Mietrechts massiv beschleunigte Wegbrechen des Handels unweigerlich Folgeinsolvenzen bei den Herstellern und Lieferanten zur Folge haben würde. Das diese Woche bereits beantragte Schutzschirm-(Insolvenz-)-Verfahren von Galeria Karstadt Kaufhof ist ein erster Vorgeschmack.

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PASCHEN Rechtsanwälte zählt als überörtliche Sozietät mit wirtschaftsrechtlichem Profil zu den bundesweit führenden Anbietern in der anwaltlichen Durchsetzung von Lieferantenrechten im B2B-Bereich und im Versicherungsregress. Vom Mittelständler bis zum Global Player betreut PASCHEN zahlreiche namhafte Unternehmen, für die wir nicht nur Lieferverträge gestalten, sondern diese auch durchsetzen. Unsere Experten im Insolvenzrecht verfügen über langjährige Erfahrung in der Vertretung von Lieferanteninteressen gegenüber Insolvenzverwaltern, Poolverwaltern und anderen Gläubigern. Sie sind in einer Vielzahl von Gläubigerausschüssen tätig und besitzen auch vielfach ausgezeichnete, herausragende Kompetenz in der Abwehr von Anfechtungsansprüchen.

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